David Bowie-Ausstellung in Berlin vom 2. Mai bis zum 10. August 2014
David Bowie, empfohlen von Friedrich Nietzsche
Als ob der zornige Zeus seinen Blitz auf ihn herab geschleudert hätte, so zeigt das Ausstellungsplakat den Sänger, Poeten und Performer David Bowie. Einen „Übermenschen“, der nach Gottes Tod auf seinen Schöpfer pfeift und sich selbst erschaffen würde, hatte Nietzsche in „Also sprach Zarathustra“ bereits 1883 prophezeit: „Der Übermensch, der Blitz aus der dunklen Wolke Mensch“ (Vorrede, Abs. 3 und 7.).
Weder von den Zwängen der Gesellschaft, noch von seinen Genen, noch von Gender-Rollen lässt David Bowie sich vorschreiben, wie und wer er zu sein hat. Mal ist er trans, mal schwul, mal bi, mal gentiler Ehemann (verheiratet mit der abessinischen Laufsteg-Göttin Iman). Mal Außerirdischer mal im Underground, mal provozierend, mal poussierend, schwang er sich auf vom Versager zum vermögendsten Popstar aller Zeiten (140 Millionen verkaufte Tonträger).
Sein Messias war Little Richard, als David neunjährig seine Erweckung erfuhr: „Ich hatte Gott gehört“. Andy Warhol wurde sein Prophet, West-Berlin sein Venus-Berg (zwischen 1976 und 78) „Die Welthauptstadt des Heroins“. Dieser kurzen aber heftigen Zeit widmet die Wanderausstellung des Londoner Victoria and Albert Museum eine Sonder-Schau im Berliner Martin-Gropius-Bau.
In Nietzsches Visionen gleicht der britische Sänger Dionysos, dem Gott des Tanzes und des Rausches. Ein Gott, der nicht nur in himmlischen Höhen thront, sondern berauscht, bekifft und besoffen auch in Abgründe stürzt. Nietzsche: „Wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein“ („Jenseits von Gut und Böse“, Aphorismus 146). Wer würde David Bowie seine Sucht vorwerfen wollen, wenn nicht er selbst. Ab einer gewissen Fallhöhe lebt jeder Künstler nun mal jenseits von Gut und Böse und von bürgerlicher Moral.
„Ich würde nur an einen Gott glauben, der zu tanzen verstünde“ also sprach Nietzsche (Zarathustra 1. Buch). Wo ihm alle Worte als verkopft und kraftlos vorkamen, wählte er die Musik als „Willen zur Macht“ (im Sinne von Selbstverwirklichung). Er selbst spielte gern auf seinem Klavier zum Tanz auf (Chopins Walzer, die Habanera aus der Oper Carmen), vertrieb aber die schönen Tänzerinnen, wenn er sie in Diskusionen verwickelte.
Zu Nietzsches Zeit wirkte Richard Wagner als der leibhaftige Dionysos. Wagner war der Komponist des Wahns und der wüsten Gefühle. Nicht zuletzt profilierte er sich auch als origineller und Publicity-süchtiger Selbstdarsteller wie vor ihm nur Lord Byron und nach ihm Oscar Wilde, Andy Warhol, Madonna, Nina Hagen, Conchita Wurst und eben auch David Bowie.
Angesichts dieser Glamour-Größen wäre sich der schmächtige Denker mit dem High-Q-Gehirn, der in fünfzehn Jahren kaum fünfhundert Bücher verkaufte, wohl verkannt und verachtet vorgekommen. Doch posthum expandierte sein Ruhm. Nietzsche wurde zum populärsten und einflussreichsten Philosophen aller Zeiten. Ein Pop-Star wie David Bowie.
„Making love with his ego Ziggy sucked up his mind“ (Ziggy Stardust, Lyric by David Bowie)
Auf einen Blick
David Bowie – Ausstellung
20. Mai bis zum 10. August 2014
Martin-Gropius-Bau, Niederkirchnerstraße 7 10963 Berlin
Montag bis Sonntag von 10 bis 20 Uhr
14 Euro, ermäßigt 10 Euro
Siehe auch unter: www.museumsportal-berlin.de/museen/martin-gropius-bau