Zu John Crankos Ballett „Romeo und Julia“ beim Staatsballett Berlin
Das zarteste Gefühl inmitten der Verrohung
Serge Prokofieffs Musik sagt alles, weiß alles, ist mit den Dingen auf das Intimste vertraut: Die Musik drückt es aus, das zarteste Gefühl inmitten allgemeiner Verrohung. Und seine Unwahrscheinlichkeit: Unwahrscheinlich ist es und unwahrscheinlich schön ist diese Musik; unwirklich sind diese Liebenden und die Schönheit der Unwirklichkeit kann man hier hören. Das Ganze: zu schön, um wahr zu sein. Traumhaftigkeit und Endlichkeit des Augenblicks sind in der Musik vereint.
Wer kann, dem sei empfohlen, Polina Semionova und Friedemann Vogel in Berlin zu sehen
Wir im Publikum sind moderne Leute und wissen, worauf wir uns einlassen, wenn wir in ein Theater gehen. Wir lassen uns nicht nur gern auf seinen Illusionszauber ein, sondern bewundern ihn gerade um der technischen Perfektion willen, die er für seine ästhetischen Vortäuschungen nötig hat – die uns doch nicht ganz täuschen. Das gilt umso mehr für das Ballett. Das versierte Publikum – Berlin hat ein solches – weiß, dass wohl an die zehn Jahre der unerbittlichen Zurichtung nötig sind, um solch träumerisch-unschuldige Anmut zu verwirklichen, wie das Tänzerpaar auf der Bühne sie vorführt. Wer kann, dem sei empfohlen, sich das Stück in der Besetzung mit Friedemann Vogel und Polina Semionova anzusehen. Gelegenheiten, die große Semionova hier in Berlin zu sehen, werden in Zukunft seltener werden: Wie seit kurzen bekannt ist, hat die Primaballerina ihren Vertrag aufgekündigt – sie wird sich neuen Bühnen zuwenden.
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